Es-gibt-ein-Leben-vor-dem-Tod


Ein Papier! Ein Papier!
Januar 16, 2011, 1:57 pm
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Erna F. blickte ungläubig auf den Zettel, den Sie aus dem Umschlag fingerte…eine Einladung! „Einladung? So ein Blödsinn! Seit wann lädt man zu Beerdigungen ein?“ motzte Frau Piepenbrink spöttisch. „Nein, Piepenbrink, was Du wieder denkst. Hier steht…moment…Einladung….zum….häää?….laden wir Sie herzlich zu unserem…NEIN, oder? Ich fasse es nicht…..am kommenden Sonntag um 16 Uhr…“ Erna F. verschluckte halbe Sätze und Frau Piepenbrink verstand nur Bahnhof. Ebendiesen Gesichtsausdruck liess sie gerade über ihr Gesicht wandern, als Erna F. den Blick ungläubig auf ihren Besuch richtete und in Lachen ausbrach. „Du wirst es nicht glauben, Piepe (so nannten Erna F. Frau Piepenbrink in ganz besonderen Stimmungslagen)! Ich bin zu einem Tag der offenen Tür eingeladen und jetzt rat mal wo?!“ Frau Piepenbrink wurde langsam böse, immer diese Verzögerungstaktik, wo sie selbst sich vor Spannung schon die Zehennägel in die Biopantoletten grub. „Jetzt sach halt Erna! Spann mich nicht so auf die Folter! Du weißt doch, mein Blutdruck!“ Erna F. lachte immer noch und wischte sich Lachtränen aus den Augenwinkeln – was etwas dauerte – dann las Sie vor: Sehr geehrte Frau F. Am kommenden Sonntag laden wir Sie herzlich zum Tag der offenen Tür in unseren Räumlichkeiten ein. Als Begrüssungsgeschenk erhalten Sie einen 5- Euro-Gutschein als Anzahlung für eine Sterbeversicherung. In unserem Showroom sind viele aktuelle Sarg- und Urnenmodelle ausgestellt. Wir informieren Sie kostenlos über alle gängigen Bestattungsformen und führen gern mit Ihnen ein individuelles Vorsorgegespräch. Gern können Sie Ihre Angehörigen zu einer Stippvisite mitbringen. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns die Ehre erweisen würden und einen Besuch abstatten. Es besteht keinerlei Verpflichtung zu einem Vertragsabschluss. Wir freuen uns auf Sie Ihr Bestattungsinstitut ‚Grab-doch-Mal-Selbst‘. Unser Motto: Jetzt abschließen, später bezahlen lassen“.

Frau Piepenbrink setzte für einen Augenblick mit der Atmung aus vor Unglauben über diesen Text! „Das glaub ich jetzt nicht! Da wird ja das Östrogen-Schnitzel in der Pfanne verrückt!“ Erna F. rannte erstmal auf Toilette, da sie sich beim gleichzeitigen Lesen und Lachen auf die Lippe gebissen hatte und nun zu verbluten drohte (so jedenfalls sah es aus). Während sie ihre Lippe mit einem Kompressionsdruckverband (gelernt ist gelernt) in 10 x 10 cm Grösse abdeckte, hörte man aus dem Wohnraum Frau Piepenbrink aufgeregt nach Luft schnappen. Durch die komprimierte Lippe hörte man Erna F. besorgt nach Frau Piepenbrink rufen: „Alles o.k., Piepe?“ „Jahaa schon o.k“, gluckste Frau Piepenbrink. „Ich hab grad gesehen, dass der Brief von dem Inhaber unterschrieben wurde…das glaubst Du jetzt nicht F.! Der heisst Fritz Freudig!“ Schallendes Gelächter bei Frau Piepenbrink und Erna F. durchdrang das gesamte Stockwerk, sämtliche Seniorinnen und Senioren wurden von Ihren klappernden Teetassen geweckt und sogar der fast gehörlose Herr Brummer meinte, ein Geräusch vernommen zu haben und sagte pro forma mal „Herein!“.

t.b.c.



Och, der olle Papst…
Dezember 31, 2010, 11:16 am
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ja so ist es der ist Schuld, dass Erna F. und Frau Piepenbrink heute an Silvester sich richtig die Kante geben werden, Likörchen zippeln und über das bisherige Leben sinnieren werden….da gibt es doch so einige amüsante, traurige, lustige, schaurige und eben einfach lesenswerte Geschichten zu berichten. Wer wissen will, warum Erna F. viele Dinge auf einen Stapel Zettelchen schreibt und sie bis um 24 Uhr sorgfältig aufbewahrt, Frau Piepenbrink mit Ihrer alten ‚Flamme‘ telefoniert und dabei rote Ohren bekommt, der liest im neuen Jahr 2011 einfach weiter. Dieses Jahr waren die Damen einfach zu sehr mit Todesfällen und wenig Hochzeiten beschäftigt, gingen zu oft in die Sauna, terrorisierten einfach zu häufig Ihre Enkelkinder mit gutgemeinten Ratschlägen, um in diesem Blog aufzutauchen. Ich hoffe, mit Eurer Hilfe, denn es ist ja ein MIT MACH BLOG!!!!! <—– HINWEIS!!! geht es ab Überübermorgen weiter!! Würde mich freuen!!

Guten Rutsch!! mit oder ohne Stock!!



Überraschung!
September 2, 2010, 9:11 am
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Das Klopfen an der Tür kurz vor 10 Uhr ließ Erna F. aus ihrem wohlverdienten Vormittagsschläfchen hochschrecken. Wer um Himmels Willen kommt denn um diese Uhrzeit auf einen Plausch vorbei? Oder war es wieder Frau Schekel, die den Gang verwechselt hatte? Das kam in letzter Zeit recht häufig vor.

Erna F. schloss wieder die Augen und hoffte inständig, dass der Klopfer von Dannen ziehen würde, wenn sie sich einfach ruhig verhielte. Aber weit gefehlt. Wieder klopfte es, diesmal etwas energischer und eine tiefe Stimme brummte: „Frau F. wir haben Post für sie!!!“ „Aha! Die Urlaubsvertretung für die Heimleiterin machte Ihre Postrunde. Warum nur musste ausgerechnet heute bei diesem lauen Sommerlüftchen Post für Erna F. dabei sein?!“

Erna schraubte sich von Ihrem bequemen Sofa, schlüpfte kurzentschlossen in Ihre Schlappen und schlappte schlappend zur Tür. Sie schaute kurz durch den Spion – aus reiner Gewohnheit -, obwohl sie eh ohne Brille nichts sehen konnte, erkannte den ‚Postboten‘ und drehte kurzerhand den Schlüssel und öffnete immer noch widerwillig die Tür.

„Frau F. hier ist ein Brief für sie. Ich hoffe, nur gute Nachrichten!“, nickte der Postbote mit einem mitleidigen Blick auf den Brief. In ihrem Alter konnte Post alles bedeuten aber oft genug leider Schlechtes. Erna F. wendete den Brief mehrmals in der Hand. „Komich“ (Frau F. ist ursprünglich in Bonn gebürtig, deshalb diese Aussprache)! „Kein schwarzer Rand – also keine Todesanzeige. Hmmm, was könnte es sein?“ Nachdenklich schlappte Erna zurück zum Sofa, drehte den Brief abermals zwischen Ihren Fingern ehe sie bemerkte, dass die Tür immer noch sperrangelweit aufstand. Sie pfefferte den nichtssagenden Brief auf den Tisch und schlappte schnellen Schrittes zurück, um die Tür zu schliessen. Auf dem Rückweg kam sie an der kleinen Teeküche vorbei und ihr fiel ein, sie könne sich ja vielleicht erstmal eine Tasse Tee genehmigen. Oder doch einen Likör zur Einstimmung?!

„Man weiß ja nie, was sich hinter unschuldig dreinblickenden Briefumschlägen verbirgt – in meinem Alter“, so dachte Frau F. „Da ist die Einladung zum Elternstammtisch äusserst selten, auch die Liebesbriefe kann man an allen 10 Fingern abzählen (wenn es überhaupt was zu zählen gibt meine Lieben!! WENN!!!!)“ Erna F. goss den Tee auf, schenkte sich einen zweiten Likör nach – hatte sie schon einen getrunken? „Ich werd auch imer bekloppter“, schimpfte Erna F. lautstark mit sich selbst. Irgendwie hatte sie etwas Angst vor dem Brief! Was, wenn er doch eine Todesanzeige enthält? Eigentlich sollte man als alter Mensch ja jederzeit damit rechnen, der letzte Mohikaner der Bekannten und Freunde zu sein, schließlich wedelt Gevatter Tod (oder Nirwana oder oder oder….) schon öfter und näher mit seiner Schlussfahne, zur letzte Runde. Oft genug war Erna F. schon auf Beerdigungen von Leuten, von denene sie dachte, die werden steinalt. Und nun so ein blöder, stumm dreinblickender, nichtssagender, irgendwie unscheinbar und unschuldig wirkender Briefumschlag! „Erna! Jetzt mach aber mal einen Punkt. Es ist bloss ein blöder Brief!“, scholt sich Erna wiederholt. Es war schon komisch. Früher, als sie noch jünger war, hatte sie sich über jeden Brief gefreut. Es war ein Zeichen, dass jemand an sie dachte, sich an sie erinnerte. Heutzutage war ein Brief meist nur das Zeichen dafür, dass sie in irgendjemandes Telefonbuch drinstand (weil man sie zu streichen vergessen hatte?) oder weil man zufällig in der Nachbarschaft wohnte und die Angehörigen pflichtbewußt oder zwangsweise, auf Spenden hoffend oder damit sie einfach nicht allein am Grab des Verblichenen stehen müssen, Einladungen verschicken zu einer Trauerfeier. Schon komisch, wenn man alt wird und damit nicht rechnet.

Erna nahm noch einen Schluck aus dem Likörglas und fasste allen Mut zusammen! Sie nahm den Brief in die Hand und wog ihn bedächtig ab. Schwer schien er nicht zu sein aber aus mehreren Blättern zu bestehen. Hm…sie kramte ihren Brieföffner (ein hölzernes, unförmiges Holzstück – Kindergartenwerkstück Ihres jetzt erwachsenen Enkelsohnes) aus dem Kramkasten und versuchte umständlich, den Brief aufzuschlitzen. Sie friemelte die mehrseitige Zettelwirtschaft aus dem Umschlag und glättete die Seiten, damit sie überhaupt etwas erkennen konnte.

Es waren 3 Seiten weißen Papieres, schwarz und ziemlich eng bedruckt. Ein Bild war auch dabei! Und – oh Schreck – das Bild zeigte eindeutig einen Sarg! Nein! Nicht einen Sarg! Erna ließ vor lauter Schreck den Brief auf den Teppich fallen. Sollte sie sich nun ärgern oder einfach nur den Papierkorb glücklich machen?

Mit klammen Fingern und ärgerlich über ihren eigenen Ärger, versuchte Erna die Brille vom kleinen Sofatischchen zu angeln, damit sie lesen konnte, was das bedeuten solle. Gerade als sie versuchte, sich zu bücken – das ging leider alles nicht so schnell, wie sie wollte -, klopfte es erneut an der Tür. „Eeeeeeerrrrnaaaaa! Du hast Post? Wer ist denn gestorben?“ „Typisch“, dachte Erna F., „gerade wenn es spannend wird, kommt Frau Piepenbrink und stört die Spannung!“ Erna erhob sich mürrisch vom Sofa, schlitterte halb über den auf dem Fussboden liegenden Brief und stolperte zur Tür. Zum Glück hatte sie vor einem halben Jahr einen Judo-Seniorenkurs gemacht. Richtig fallen sollte also keine Problem machen. Donnernd erreichte sie die Tür, öffnete und fiel mit hochrotem Kopf mehr oder weniger Frau Piepenbrink in die Arme. Diese, hilfreich wie immer, fing sie auf und fragte gleich drauf los. „Und? Jetzt sach halt! Wer ist tot?“

Fortsetzung folgt…….



Wie soll es weitergehen? Write the story….Vorschläge sind erwünscht!
Juni 23, 2010, 9:43 am
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Unstimmigkeiten
Juni 22, 2010, 1:10 pm
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Erna F. hatte kaum den grandiosen Fall vom Turm überstanden, da kam schon Frau Piepenbrink auf sie zugerannt!

„Mensch, Erna! Na, wie war’s? Erzähl, erzähl! Ich habe schon gedacht, Du kommst nicht lebend aus der Sache raus!“

Erna F. erwiderte, immer noch unter einem wohligen Schock stehend: “ Ach, Frau Piepenbrink! Es war einfach nur wunderbar! Wie früher, einfach wuuuuuuuuuundeeeeeerschöööööön!“. Der Sohn von Erna konnte seine Erleichterung kaum verbergen und dennoch schüttelte er noch innerlich den Kopf über seine verbohrte Mutter, die sich solche albernen Sachen in den Kopf setzte. Aber so war sie schon immer! Sie wollte das und das musste eben so sein! DAS hatte er ganz sicher nicht von ihr geerbt, wie es seine Frau immer behauptete, nur weil er ganz simpel auf bestimmte Prinzipien beim Einkaufswagen beladen beharrte! Eine gewisse Ordnung beim Stapeln von Einkaufsgütern ist doch wohl nicht zu viel verlangt! Seinen Gedanken konnte er jedoch nicht lange nachhängen, denn schon nach kurzer Zeit stürmte seine Mutter, Frau Piepenbrink im Schlepptau, schon in Richtung Auto und drängte zur Abfahrt. Sie wollte doch unbedingt im Heim den langweiligen zurückgelassenen Damen und Herren von ihrem Abenteuer erzählen. Besonders das Gesicht der Heimleiterin stellte sie sich jetzt schon vor und amüsierte sich köstlich bei dem Gedanken an den Kommentar, den sie vorbringen wollte: „Na! Da können sie den Leichenwagen gleich wieder abbestellen! Ich bleibe noch ein wenig länger!“ Hach, das wird ein Spass werden.

Fast so ein großer Spaß wie damals, als Erna F. und die olle Piepenbrink die neue Pflegerin, hübsche 19 Jahre alt, damit schockten, dass sie sich auf dem Sofa und Bett liegend tot stellten, nur um dann mit großem Trara wieder ins Leben zurückzukehren. Sicher, es gab eine Rüge der Heimleiterin und der Sohn von Frau F. musste antanzen, um seiner Mutter ins Gewissen zu reden aber es war ein Spass! Es war ein echter Hingucker!!

Die Karawane entfernte sich vom Bungee-Geschehen und fuhr um einiges schneller zurück zum Seniorenheim. Dort angekommen hatte Erna F. nichts Eiligeres zu tun, als am Eingang bereits die ersten pausenden Damen und Herren – mit zusammengehaltener Pluderhose – kurz und knapp, im Telegrammstil über den Sieg über die Schwerkraft in Kenntnis zu setzen: „von ganz oben – kilometerweit – ich – gesprungen – nur mit Gummi festgehalten – Schreck – Hose – weg“. Etwas verunsichert lauschte Frau Piepenbrink der Story ihrer werten Freundin und war sich nicht ganz sicher, ob sie in dem Bericht nicht doch die eine oder andere Übertreibung heraushörte aber sie ließ Erna den Spaß und nickte lediglich ab und an zustimmend, sobald die Zuhörerinnen und Zuhörer fragend zu ihr herüberschauten.

Trotz des langen Redeflusses von Erna F. konnten sie und Frau Piepenbrink nach gut einer Stunde Weg die 10 Meter zum Appartment von Erna F. zurücklegen und, nachdem endlich der richtige Schlüssel das Schloß der Tür öffnete, erschöpft und zufrieden auf das Sofa plumpsen und durchatmen. DAS war ein Tag gewesen. Für Frau Piepenbrink war es einfach schön, zu erleben, wie ihre Freundin Erna F. immer wieder aufs Neue dafür sorgte, dass es in ihrem ihr noch verbliebenen Lebensabend Aufregung, Spass und Zerstreuung gab! Die jungen Leute da draussen denken ja immer, man gehöre schon gar nicht mehr zu den Lebendigen, sondern sei schon scheintot und warte nur darauf, ihnen den nötigen Platz zu überlassen. Warum mussten sich die immer so aufspielen? Als ob sich die ganze Welt nur um sie drehen würde! Pah!

Wenn es eine Unstimmigkeit zwischen ihr und Erna F. immer gab dann die, dass Frau Piepenbrink immer der Meinung war, die Jungen müssten bei den Alten nochmal in die Lehre gehen. Erna meckert ja dann immer, sie möge den jungen Leuten nicht Unrecht tun und sie mit der Moral von vor 100 Jahren verschonen. Aber irgendwie nagte diese Bitterkeit an ihr, bis – ja, bis Erna auftauchte und ihr mit ihrer gnadenlosen ‚Mir-kann-keiner-was-Haltung‘ vorlebte, dass man doch einfach auch genießen könne, nicht mehr der Jäger und Sammler der Gesellschaft zu sein. Es hat eben alles zwei Seiten!

Und wie sie so einträchtig nebeneinander auf dem Sofa sitzen, sich schelmisch in die Augen schauen, sprechen sie sich wie kleine pausbäckige Mädchen andächtig ihren Überlebenssatz vor:

„Der Friedhof ist voll von Leuten, die meinen, unverzichtbar zu sein!“,

lachen, räkeln sich erschöpft aber glücklich aus dem Sofa heraus und machen sich frisch für das Abendbrot. Es gibt ja noch soooo viel zu berichten von dem heutigen Tag!



Der schnelle Fall der Pluderhose.
Juni 11, 2010, 2:51 pm
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Kaum waren Erna F. und Frau Piepenbrink um die Ecke gebogen, stießen Sie fast mit der geräumigen Sozialpädagogin in einem karierten Minirock, was sonst, zusammen, ernteten als Dank für Ihr geschicktes Seniorenausweichmanöver nur ein mauliges „Sie schon wieder!!“ und stürmten unbeirrt weiter Richtung Ausgang. „Du, Erna, willst Du nicht doch lieber eine andere Hose anziehen? Was sollen denn die Leute denken, wenn Du so rumläufst?“ quengelte Frau Piepenbrink. „Ach Frau P. jetzt stell Dich doch nicht so an. Bei dem Fahrtwind ist das sehr angenehm und ausserdem sieht man dann meine Pfunde zu viel nicht so“ antwortete Erna F. schnaufend.

Die beiden Damen eilten in einem nie dagewesenen Affenzahn in Richtung Pförtnerhäuschen, grüssten völlig ausser Atem mit einem kurzen „Hä ja, also, dann, wir, phphph, ähähäh, sind dann jetzt erstmal, man, äh ja weg also kommen wieder aber sind erstmal weg, Herr Maier! Frau Poppe (Heimleitung) weiss Bescheid.“ Herr Maier hob nur kurz den Kopf, nickte Erna F. und Frau Piepenbrink fröhlich zu und notierte – für alle Fälle – genau die Uhrzeit, zu dem die beiden den Ausgang passierten. Man weiß ja nie…womöglich wäre es nur seinem scharfen Spürsinn für Alte Abenteurerinnen und seiner detektivischen Beobachtungsgabe zu verdanken, wenn – im Falle des Verschwindens der beiden Damen – eine großangelegte Suchaktion zum Erfolg führte. ER hätte die wichtigesten Hinweise geliefert für ein rasches Aufgreifen der Beiden. Er genoss regelrecht die Vorstellung der Schlagzeile im Käseblatt der Region: „Genialer Coup eines Pförtners rettet zwei Menschenleben!“ Womöglich sprang dabei auch noch eine Belobigung und eine Urkunde bei der Bürgermeisterin raus. Ja, ein Mann sollte immer bereit sein, seine Chance zu nutzen!! Versonnen starrte er auf den geraniengesäumten Weg hinauf zum Heimeingang. Ja, genau!  Irgendwann würde er seine Chance bekommen.

Erna F. und Frau P. warteten ungeduldig am Strassenrand, als der Wagen der Familie F. um die Ecke bog. Erna F.’s Sohn muskulierte sich aus dem Schalensitz und begrüßte seine Mutter überschwenglich: „So, Mutti, jetzt geht’s los. Bist Du schon aufgeregt?“ Die Tochter von Erna F. linste nur kurz vom Rücksitz auf die wabernde, wallende  Pluderhose, die ihr die Sicht auf das gesamte Geschehen nahm. Bevor sie noch recht sagen konnte, was ihr an Ihrer Mutter heute missfiel, montierten sich Erna F. und Frau Piepenbrink umständlich von links und von rechts neben sie auf die Rückbank, Erna F. tätschelte kurz das Knie ihrer Tochter, flötete ein „Hallo Schatz!“ – wie sie das hasste!!! SCHATZ -und Frau Piepenbrink drückte kurz ihre Handtasche in ihr Gesicht und grummelte ein „Oh, Verzeihung! Tat das weh?“ in die Runde. Die Tochter von Erna F. konnte sich ein tiefgründiges Seufzen nicht verkneifen, obwohl sie ihre Mutter insgeheim dafür bewunderte, dass sie sich einfach über Konventionen – und sei es nur mit ihrer Kleidung – hinwegsetzte. Als Balletttänzerin mit Engagement konnte sie sich leider diese Disziplinlosigkeit nie erlauben und vielleicht gerade deshalb genoss sie – ab und zu – das organisatorische und emotionale Chaos im Leben ihrer Mutter. Sicher, ihr Gedächtnis war nicht mehr das Beste und sie terrorisierte sie oft mit Anrufen zur besten Abendzeit, nur um zu fragen, ob es was Neues gäbe. Oft wäre ihr nur allzu gern danach, zu antworten: „Ja, Mama die Nachrichten im Fernsehen!! Die würde ich deshalb auch gern JETZT sehen!“ aber insgesamt fand sie es doch sehr schade, ihre Mutter nicht selbst betreuen zu können. Da gibt es eben zu viele Hürden…….ein spitzer Stich mit dem Finger Ihrer Mutter in ihre Kniescheibe holte sie aus Ihren Gedanken schmerzend zurück. „Meinst Du wirklich, mir kann nichts passieren?“, ertönte Erna F.’s ängstliche Stimme direkt neben ihrem Ohr. „Nein, Mama, es passiert nichts! Wirklich! Du muss Dich nur entspannen!“

Nach gefühlten endlosen 2 Trillionen Kilometern, erreichten Erna F. und Frau Piepenbrink mit nervöser Konfirmandenblase das Ziel. Das ganze Areal war ziemlich leer und es standen nur ein paar Menschen sinnlos und wartend herum. Frau Piepenbrink entdeckte den Turm zuerst und musste gleich mal dringen dahin, wo auch Sissi zu Fuß hingegangen ist und schleifte Erna F. kurzerhand mit. Diese starrte immer noch gebannt auf den riesigen Turm vor Ihrer Nase, wobei sie nach der ersten Überraschung schnell nahtlos in pure Panik verfiel und mit klammer Hand dieselbige von Frau Piepenbrink ergriff. „Frau P. , das ist ja soooooooooooooo hoch!!! Da komme ich ja nie im Leben runter!“ Frau P. konnte nur – wie es so ihre Art ist – mit schwarzem Humor erwidern: „Ach, Erna, runter kommen sie immer!“ Mit leicht irrem Blick und nun deutlich drückender Blase, die noch immer um einen Spaziergang bat, liess sich Erna F. von Frau P. zur nahegelegenen Besuchertoilette führen. Mit der Erleichterung der Blase fiel auch spontan die Angst von Erna F. ab und ein anderer Gedanke machte Platz in Ihrem Gedankenträger. „Jetzt werde ich meinen Kindern mal zeigen, wo der Haken hängt, wie der Hase läuft, was noch so alles in der ollen Mutter drinsteckt! Diese Gelegenheit lasse ich mir nicht entgehen!“ Mit zielgerichtetem Blick in den Waschraumspiegel, der fast schon vermuten ließ, sie wolle Löcher hineinbrennen, erfasste sie eine kriegerisches Grundstimmung. Frau P. beobachtete sie nur von der Seite und selbst am Profil erkannte Sie, dass ihre Freundin Erna F. keine weiteren Fragen duldete.

Mit stechendem Schritt verließ Erna F. den Waschraum, verfolgt von Frau Piepenbrink, die ihr als treue Seele folgte. Die Familie begleitete Erna F. zum Funkturm, Carla – die Pflegerin spuckte über die Schulter von Erna F. wie bei einer Theateraufführung und sprache ein wortloses Toi, Toi, Toi mit Ihren Augen und liess sie durch zum Fahrstuhl. In wenigen Sekunden war Erna F. zusammen mit Ihrem Sohn auf der obersten Plattform angekommen. Sie musste dort kurz noch beim Sprungleiter Ihre Unbedenktlichkeitsbescheinigung von Dr. Plauderer vorzeigen, unterschreiben, dass sie keine portablen Körperteile bei sich trug, keine Spitzen Gegenstände in der Kleidung hatte, keine Waffen, Flaschen, Bücher – hä? – gut aufgepasst!!!! 🙂 und ihr wurde unter den zuversichtlichen, doch innerlich ängstlich dreinfühlenden Sohnblicken – das Sprungseil – nein eher Sprung-Geschirr angelegt. „Das Ding drückt aber doch ganz schön an Stellen, die ich Ihnen junger Mann lieber nicht genauer beschreibe!“, jammerte Erna F. Der ‚junge Mann‘ mit Halbglatze lächelte nur sprungerfahren und wies sie noch kurz in die beste Körperhaltung ein.

Jetzt war es soweit: Erna F. stand nun einen Fuß vom Abgrund entfernt, wünschte sich kurz auf ihr Sofa und vor die Schokolinstentüte zurück, bevor der Sprungleiter den Countdown anzählte.

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Und hopp……..sie ließ sich fallen und und und und….was war das..ein ungewohntes Gefühl von Freiheit ergriff Ihre untere Körperhälfte. Der Fahrtwind hatte sich ihrer und ihrer Hose angenommen und soweit Erna F. – nach einer ersten kurzen Sicht ins Jenseits wieder zurück am Sprungseil – feststellen konnte in Stücke zerrissen. Stützstrümpfe, Mieder ..alles lag frei und war …… es war schön..nie wieder würde sie Kostüme tragen wollen.  Jetzt so verharren, nie wieder alt sein, frei sein…. sie träumte noch immer, als sie schon unten von ihrem Sohn mit puterrotem Kopf in Empfang genommen wurde.

Sie hatte es tatsächlich gewagt! Und sie hatte die Freiheit bekommen…für wenige Sekunden…das entschädigt für jedes fade Heimprogramm. Und sie nahm sich fest vor, das nächste Jahr das Rafting am Amazonas auszuprobieren. Funkturm, Rafting ha!! Eines wie das Andere!



Früher wog ich auch mal 3 Kilo….
Juni 9, 2010, 2:07 pm
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dachte Erna F., als sie halb angezogen von der hereinplatzenden Frau Piepenbrink vor den Flurspiegel gedrückt wurde. Dass die auch immer so übertreiben muss! „Frau F., bist Du immer noch nicht angezogen. Weißt Du, was ich eben gesehen habe? Der Neue von Zimmer 154 kommt heut auch! Der…der immer so komisch mit den Zähnen wackelt'“, sprudelt Frau Piepenbrink hervor. Erna F. schaut immer noch versunken in ihr Spiegelbild. „Hörst Du mir überhaupt zu? Mensch, Erna, heute ist Dein großer Tag! Freust Du Dich denn gar nicht?“ schimpft Frau P. etwas amüsiert über die dicke Denkfalte auf Erna F’s. Stirn. “ Du wirst sehen, das wird lustig und falls Deine Tochter wieder rummeckert, Du seist zu alt dafür, dann mach doch einfach dieses neumodische Musikdingsbums in das linke Ohr und denk Sie Dir einfach klein, 3 Jahre alt und stampfend auf dem Fußboden liegend. Das entspannt!!“

Erna F. prustet jetzt los vor Lachen! Die Piepenbrink hat einfach immer einen Humor auf Lager –  zum schiessen. „Ja, ich weiß schon. Du meinst den Eipott. Der drückt immer so am Hörgerät und dann beschwert sich wieder die Sozialtante, dass ich die Anderen störe. Ich habe aber etwas Angst, ehrlich gesagt. Was mache ich denn, wenn ich da stehe und mich dann nicht traue, den Schritt zu machen? Dann denken doch alle hier, dass die dumme Erna wieder angegeben hat. Du weißt doch, wie hier immer gelästert wird, vor allem bei den Schürzenträgerinnen vom Erdgeschoss.“, jammert Erna F.

„Ach komm, jetzt stell Dich mal nicht so an. Ich bin da, Deine Tochter, dein Sohn, Carla die Pflegerin auch, falls was passiert, und ausserdem ist es doch nur ein Schritt. Hallo!! So viele Schritte, die Du schon gemacht hast in Deinem Leben. Dann ist das doch nun wirklich gar nix, meine Liebe!“ sagt Frau Piepenbrink etwas amüsiert und tätschelt liebevoll das immer noch nackte Bein von Erna F.  „Jetzt aber los, sonst kommen wir auch noch zu spät!“.

Erna F.’s Gesicht erhellt sich, sie stolpert fast übermütig zum Kleiderschrank, rupft die Pluderhose vom behäkelten Kleiderbügel, wirft die ondulierte Pracht auf ihrem Kopf zurück und die Senioren-Skatclubjacke fast vom Haken, strahlt Frau Piepenbrink an und zeigt erwartungsfroh in Richtung Ausgang. „Gehen wir?“, fragt sie ungeduldig Frau P. Diese rollt nur mit den Augen und verlässt unter Entrüstung ob der mangelnden Morgentoilette und der ihrer Meinung nach unpassenden Hose hinter Erna F. das Appartment. 

Im Flur fallen sie fast über den Gehstock von Herrn Oberstudienrat Meier und den Fuß von Paule Zwackel, die natürlich mal wieder an der Tür gelauscht haben aber nicht schnell genug vom Schlüsselloch wegkamen (nach 3 Bandscheiben-Op’s und einem unbeugsamen Willen kein Wunder). Die beiden Damen würdigen sie keines Blickes und stolzieren, die eine in Kostüm, die andere in wilder, orientalischer Pluderhose, Richtung Ausgang. Herr Meier schaut anerkennend hinterher und wird nur von einem Ellenbogenpuff daran gehindert, hinterherzulaufen.

Nach kurzem Weg sind Erna F. und Frau Piepenbrink um die Ecke und die beiden Rätseln, was wohl der Plan der beiden alten Damen sein mag.

Ratet mit…um was geht es..stimmt ab!!!



Hoch soll sie leben…
Juni 9, 2010, 8:31 am
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Erna F. erwachte schweißgebadet aus einem traumlosen, langen Schlaf und rollte sich rückenschonend über die linke Seite aus dem Bett. Sie schlüpfte behende in ihre Rheumapuschen und schluppte ins Bad. Der Blick in den Spiegel verhieß nichts Gutes, aber heute war ihr das total egal. Heute war der große Tag! Frau Piepenbrink hatte gestern Abend wiederholt während des Musikantenstadl’s an die Tür geklopft und erinnert, dass doch heute gefeiert würde. Immer und immer wieder kam sie vorbei und störte bei den schönsten Musiktiteln. Trotzdem freute sich Erna F. immer, wenn die olle Piepenbrink vorbeikam, denn es war eine willkommene Abwechslung im recht tristen Heimalltag.

Heute jedoch sollte kein Trübsal aufkommen. Die Ankündigung für en heutigen Tag hing schon 2 Wochen vorher am schwarzen Brett. Heute…..heute sollte Erna F. viel erleben.

Mit kurzem Griff erreichte Erna F. die Dose mit dem Prothesenreiniger und legte ‚ihre‘ in die angerührte Lösung.  Für heute hatte sie sich vorgenommen, sich besonders anzuhübschen. Nachdem sie den Sitz der Dauerwelle überprüft hatte und die hautberuhigende Gesichtscreme (ein Geschenk Ihrer Tochter) grossflächig aufgetragen, wieder abgewischt, erneut kleinflächiger aufgetragen und für gut befunden hatte, überlegte sie, welche Kleidung für diesen Tag wohl angemessen war.

Sie schluppte zurück zum Wohn-Schlaf-Essraum und blickte versonnen in den Kleiderschrank. Sollte sie das dunkelblaue Kostümchen wählen (ein ‚Erbstück‘ von Trude von nebenan) oder doch lieber die Pluderhose aus ihrem ersten und einzigen Türkeiurlaub? Irgendwie war sie drauf und dran, heute jede Etikette über Bord zu werfen und die Damen aus dem 3. Stock zu schocken und zu ärgern mit Ihrer Kleidungswahl.

Klopf – klopf – klopf…aha schnell ein Blick durch den Türspion. Frau Piepenbrink, korrekt gestylt und mit prüfendem Blick von ausssen durch den Spion. „Erna!! Jetzt mach schon auf…ich weiß genau, dass Du mich anschaust! Schnell….Herr Maier schielt schon wieder um die Ecke…jetzt lass mich schon rein!!“…

Erna F. konnte sich ein leichtes Kichern nicht verkneifen weil Frau Piepenbrink immer sehr energisch werden konnte, wenn man nicht schnell genug war. Sie schloss die verriegelte Tür auf und Frau Piepenbrink stürmte herein……

… Fortsetzung folgt…



Die Personen stellen sich vor…

Erna F.

Rüstige, gut gelaunte, schelmische und umtriebige Rentnerin mit Hang zu ausgiebigen Telefonaten in einem Callcenter, wohnhaft in einem Seniorenheim der Klasse B (mit Duschbad). Sie bewohnt gern und mittelgünstig ein kleines Seniorenappartement mit dem dicken roten Knopf am Bett. Sie hat zwei Kinder, die sie ab und an besuchen und sich sonst telefonisch mittelgern bei ihr melden, um vom Leben der ebenso wahnwitzigen Enkelkinder zu berichten.

Ihre beste Freundin – Frau Piepenbrink – bewohnt das Seniorenappartement der Klasse C (mit Bidet) im Stockwerk über Erna F. Die ebenso rüstige, jedoch stets leicht motzige Rentnerin, die ihre 5 Ehemänner mit Wonne überlebt hat, hat keine Kinder aber einen Hund im Tierheim abgegeben. Leider hat sie keine Möglichkeiten mehr, ihn zu  besuchen. Das ist auch der Grund, weshalb dieser Hund nicht mehr ihrer ist 🙂

Die beiden treffen sich immer zu den Mahlzeiten im Essraum oder zufällig beim Dartspielen im Wäschekeller, sind stets darauf besessen, Neues aus dem Leben der Sozialpädagogin zu erfahren, die unverschämt kurze Röcke trägt und einmal im Jahr planen Sie ihre Auswanderung nach Übersee.

So, liebe Leser jetzt gehts los…

Das Konzept sieht vor, dass Ihr bestimmt, welche Bestandteile die Geschichte haben soll..also los…Vorschläge zum Leben und Leiden, Lachen und Scherzen im Seniorenheim sind willkommen und erwünscht! Schreibt Kommentare mit Vorschlägen, die dann im Blog hier zu einer Geschichte verwurstet werden. Traut Euch!!!

Einzige Bedingung: Anzügliches, Menschenverachtendes etc. wird entfernt und geächtet. Wir sind nett zueinander und so solls bleiben!!

Eure Autorin!!!



Hello world!
März 17, 2010, 4:44 pm
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Jetzt ist er da … der Seniorenblog mit Fortsetzungsgeschichte…das Leben in einem und um ein und um ein Seniorenheim herum. Die Hauptpersonen sind vorgegeben, gefüttert, wenn Ihr wollt/Sie wollen durch Ideen der Leserinnen und Leser. Input ist jederzeit willkommen, die Story wird dann gewoben und gesponnen, bis eine schöne Geschichte daraus geworden ist.

Es sollte lustig aber auch nachdenklich sein, Senioren wertschätzen und ihr Leben auch mal von einer witzigen Seite zeigen. Angedacht ist eine Geschichte, die ans Herz und Hirn geht, nicht flach und stereotyp ist und vermittelt, wie sehr junge Leute sich irren in der Annahme, aus Menschen würde, wenn sie alt werden, ignorante ‚Deppen‘ werden, die nicht mehr bis 3 zählen können! Die Achtung vor Senioren, ihrer Lebenserfahrung und Lebensleistung soll im Blickpunkt stehen und dass sie durchaus in der Lage sind – vielleicht mehr als junge Menschen – dem Leben eine gewisse, entspannte, humorvolle Seite abzugewinnen.

Dank an meine Oma Frieda!!!! Sie Ruhe in Frieden!