Es-gibt-ein-Leben-vor-dem-Tod


Unstimmigkeiten
Juni 22, 2010, 1:10 pm
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Erna F. hatte kaum den grandiosen Fall vom Turm überstanden, da kam schon Frau Piepenbrink auf sie zugerannt!

„Mensch, Erna! Na, wie war’s? Erzähl, erzähl! Ich habe schon gedacht, Du kommst nicht lebend aus der Sache raus!“

Erna F. erwiderte, immer noch unter einem wohligen Schock stehend: “ Ach, Frau Piepenbrink! Es war einfach nur wunderbar! Wie früher, einfach wuuuuuuuuuundeeeeeerschöööööön!“. Der Sohn von Erna konnte seine Erleichterung kaum verbergen und dennoch schüttelte er noch innerlich den Kopf über seine verbohrte Mutter, die sich solche albernen Sachen in den Kopf setzte. Aber so war sie schon immer! Sie wollte das und das musste eben so sein! DAS hatte er ganz sicher nicht von ihr geerbt, wie es seine Frau immer behauptete, nur weil er ganz simpel auf bestimmte Prinzipien beim Einkaufswagen beladen beharrte! Eine gewisse Ordnung beim Stapeln von Einkaufsgütern ist doch wohl nicht zu viel verlangt! Seinen Gedanken konnte er jedoch nicht lange nachhängen, denn schon nach kurzer Zeit stürmte seine Mutter, Frau Piepenbrink im Schlepptau, schon in Richtung Auto und drängte zur Abfahrt. Sie wollte doch unbedingt im Heim den langweiligen zurückgelassenen Damen und Herren von ihrem Abenteuer erzählen. Besonders das Gesicht der Heimleiterin stellte sie sich jetzt schon vor und amüsierte sich köstlich bei dem Gedanken an den Kommentar, den sie vorbringen wollte: „Na! Da können sie den Leichenwagen gleich wieder abbestellen! Ich bleibe noch ein wenig länger!“ Hach, das wird ein Spass werden.

Fast so ein großer Spaß wie damals, als Erna F. und die olle Piepenbrink die neue Pflegerin, hübsche 19 Jahre alt, damit schockten, dass sie sich auf dem Sofa und Bett liegend tot stellten, nur um dann mit großem Trara wieder ins Leben zurückzukehren. Sicher, es gab eine Rüge der Heimleiterin und der Sohn von Frau F. musste antanzen, um seiner Mutter ins Gewissen zu reden aber es war ein Spass! Es war ein echter Hingucker!!

Die Karawane entfernte sich vom Bungee-Geschehen und fuhr um einiges schneller zurück zum Seniorenheim. Dort angekommen hatte Erna F. nichts Eiligeres zu tun, als am Eingang bereits die ersten pausenden Damen und Herren – mit zusammengehaltener Pluderhose – kurz und knapp, im Telegrammstil über den Sieg über die Schwerkraft in Kenntnis zu setzen: „von ganz oben – kilometerweit – ich – gesprungen – nur mit Gummi festgehalten – Schreck – Hose – weg“. Etwas verunsichert lauschte Frau Piepenbrink der Story ihrer werten Freundin und war sich nicht ganz sicher, ob sie in dem Bericht nicht doch die eine oder andere Übertreibung heraushörte aber sie ließ Erna den Spaß und nickte lediglich ab und an zustimmend, sobald die Zuhörerinnen und Zuhörer fragend zu ihr herüberschauten.

Trotz des langen Redeflusses von Erna F. konnten sie und Frau Piepenbrink nach gut einer Stunde Weg die 10 Meter zum Appartment von Erna F. zurücklegen und, nachdem endlich der richtige Schlüssel das Schloß der Tür öffnete, erschöpft und zufrieden auf das Sofa plumpsen und durchatmen. DAS war ein Tag gewesen. Für Frau Piepenbrink war es einfach schön, zu erleben, wie ihre Freundin Erna F. immer wieder aufs Neue dafür sorgte, dass es in ihrem ihr noch verbliebenen Lebensabend Aufregung, Spass und Zerstreuung gab! Die jungen Leute da draussen denken ja immer, man gehöre schon gar nicht mehr zu den Lebendigen, sondern sei schon scheintot und warte nur darauf, ihnen den nötigen Platz zu überlassen. Warum mussten sich die immer so aufspielen? Als ob sich die ganze Welt nur um sie drehen würde! Pah!

Wenn es eine Unstimmigkeit zwischen ihr und Erna F. immer gab dann die, dass Frau Piepenbrink immer der Meinung war, die Jungen müssten bei den Alten nochmal in die Lehre gehen. Erna meckert ja dann immer, sie möge den jungen Leuten nicht Unrecht tun und sie mit der Moral von vor 100 Jahren verschonen. Aber irgendwie nagte diese Bitterkeit an ihr, bis – ja, bis Erna auftauchte und ihr mit ihrer gnadenlosen ‚Mir-kann-keiner-was-Haltung‘ vorlebte, dass man doch einfach auch genießen könne, nicht mehr der Jäger und Sammler der Gesellschaft zu sein. Es hat eben alles zwei Seiten!

Und wie sie so einträchtig nebeneinander auf dem Sofa sitzen, sich schelmisch in die Augen schauen, sprechen sie sich wie kleine pausbäckige Mädchen andächtig ihren Überlebenssatz vor:

„Der Friedhof ist voll von Leuten, die meinen, unverzichtbar zu sein!“,

lachen, räkeln sich erschöpft aber glücklich aus dem Sofa heraus und machen sich frisch für das Abendbrot. Es gibt ja noch soooo viel zu berichten von dem heutigen Tag!



Hello world!
März 17, 2010, 4:44 pm
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Jetzt ist er da … der Seniorenblog mit Fortsetzungsgeschichte…das Leben in einem und um ein und um ein Seniorenheim herum. Die Hauptpersonen sind vorgegeben, gefüttert, wenn Ihr wollt/Sie wollen durch Ideen der Leserinnen und Leser. Input ist jederzeit willkommen, die Story wird dann gewoben und gesponnen, bis eine schöne Geschichte daraus geworden ist.

Es sollte lustig aber auch nachdenklich sein, Senioren wertschätzen und ihr Leben auch mal von einer witzigen Seite zeigen. Angedacht ist eine Geschichte, die ans Herz und Hirn geht, nicht flach und stereotyp ist und vermittelt, wie sehr junge Leute sich irren in der Annahme, aus Menschen würde, wenn sie alt werden, ignorante ‚Deppen‘ werden, die nicht mehr bis 3 zählen können! Die Achtung vor Senioren, ihrer Lebenserfahrung und Lebensleistung soll im Blickpunkt stehen und dass sie durchaus in der Lage sind – vielleicht mehr als junge Menschen – dem Leben eine gewisse, entspannte, humorvolle Seite abzugewinnen.

Dank an meine Oma Frieda!!!! Sie Ruhe in Frieden!