Es-gibt-ein-Leben-vor-dem-Tod


Ein Papier! Ein Papier!
Januar 16, 2011, 1:57 pm
Filed under: Uncategorized | Schlagwörter: , , , , ,

Erna F. blickte ungläubig auf den Zettel, den Sie aus dem Umschlag fingerte…eine Einladung! „Einladung? So ein Blödsinn! Seit wann lädt man zu Beerdigungen ein?“ motzte Frau Piepenbrink spöttisch. „Nein, Piepenbrink, was Du wieder denkst. Hier steht…moment…Einladung….zum….häää?….laden wir Sie herzlich zu unserem…NEIN, oder? Ich fasse es nicht…..am kommenden Sonntag um 16 Uhr…“ Erna F. verschluckte halbe Sätze und Frau Piepenbrink verstand nur Bahnhof. Ebendiesen Gesichtsausdruck liess sie gerade über ihr Gesicht wandern, als Erna F. den Blick ungläubig auf ihren Besuch richtete und in Lachen ausbrach. „Du wirst es nicht glauben, Piepe (so nannten Erna F. Frau Piepenbrink in ganz besonderen Stimmungslagen)! Ich bin zu einem Tag der offenen Tür eingeladen und jetzt rat mal wo?!“ Frau Piepenbrink wurde langsam böse, immer diese Verzögerungstaktik, wo sie selbst sich vor Spannung schon die Zehennägel in die Biopantoletten grub. „Jetzt sach halt Erna! Spann mich nicht so auf die Folter! Du weißt doch, mein Blutdruck!“ Erna F. lachte immer noch und wischte sich Lachtränen aus den Augenwinkeln – was etwas dauerte – dann las Sie vor: Sehr geehrte Frau F. Am kommenden Sonntag laden wir Sie herzlich zum Tag der offenen Tür in unseren Räumlichkeiten ein. Als Begrüssungsgeschenk erhalten Sie einen 5- Euro-Gutschein als Anzahlung für eine Sterbeversicherung. In unserem Showroom sind viele aktuelle Sarg- und Urnenmodelle ausgestellt. Wir informieren Sie kostenlos über alle gängigen Bestattungsformen und führen gern mit Ihnen ein individuelles Vorsorgegespräch. Gern können Sie Ihre Angehörigen zu einer Stippvisite mitbringen. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns die Ehre erweisen würden und einen Besuch abstatten. Es besteht keinerlei Verpflichtung zu einem Vertragsabschluss. Wir freuen uns auf Sie Ihr Bestattungsinstitut ‚Grab-doch-Mal-Selbst‘. Unser Motto: Jetzt abschließen, später bezahlen lassen“.

Frau Piepenbrink setzte für einen Augenblick mit der Atmung aus vor Unglauben über diesen Text! „Das glaub ich jetzt nicht! Da wird ja das Östrogen-Schnitzel in der Pfanne verrückt!“ Erna F. rannte erstmal auf Toilette, da sie sich beim gleichzeitigen Lesen und Lachen auf die Lippe gebissen hatte und nun zu verbluten drohte (so jedenfalls sah es aus). Während sie ihre Lippe mit einem Kompressionsdruckverband (gelernt ist gelernt) in 10 x 10 cm Grösse abdeckte, hörte man aus dem Wohnraum Frau Piepenbrink aufgeregt nach Luft schnappen. Durch die komprimierte Lippe hörte man Erna F. besorgt nach Frau Piepenbrink rufen: „Alles o.k., Piepe?“ „Jahaa schon o.k“, gluckste Frau Piepenbrink. „Ich hab grad gesehen, dass der Brief von dem Inhaber unterschrieben wurde…das glaubst Du jetzt nicht F.! Der heisst Fritz Freudig!“ Schallendes Gelächter bei Frau Piepenbrink und Erna F. durchdrang das gesamte Stockwerk, sämtliche Seniorinnen und Senioren wurden von Ihren klappernden Teetassen geweckt und sogar der fast gehörlose Herr Brummer meinte, ein Geräusch vernommen zu haben und sagte pro forma mal „Herein!“.

t.b.c.